Othmar Peter Hartmann "Rötelzeichnungen"
Wien [ENA] Othmar Peter Hartmann hat gerne mit Rötel gezeichnet und es oft für Skizzen und Entwürfe verwendet. Der rötliche Farbstich ist weicher und weniger scharf und endgültig als der Kohlestift. Die Erdfarbe gibt der Zeichnung etwas organisches, so als wäre Ton und Hämatit formvoll zum Leben erwacht.
Vielleicht hat gerade deshalb der Künstler immer wieder für die Röteltechnik die "Armeleutemalerei" gewählt. Bettler, Spielmann oder Lastenträger hat er mit kühnen Strichen zeichnerisch angedeutet und ihnen trotzdem Ausdruck und Seele verliehen. Rötel harmonisiert sehr schön mit volkstümlichen Themen und gibt den Charakterstudien eine unaufdringliche Tiefe. Armeleutemalerei hat sich erst im19. Jahrhundert etabliert, obwohl sie bei Hartmann mehr zur Genremalerei gehört. Seine armen Leute sind Momentaufnahmen des Alltags und sind als kulturhistorisches Zeugnis gedacht. Besonders kunstinteressierte bürgerliche Käuferschichten entwickelten am Anfang des 20. Jahrhunderts Interesse an dem Sujet, vielleicht auch um Armut zu idealisieren.
Die Darstellungen der Armut sollten aber die bürgerliche Idylle nicht zerstören und es war Max Liebermann mit seinem Gemälde "Die Gänserupferinnen", das 1872 bei der Hamburger Kunstausstellung heftige Kritik erregte. Das große Ölgemälde in dunklen Farbtönen, das durchaus noch zur klassischen Historienmalerei gehört, stieß wegen seines Themas auf Ablehnung. Gewissermaßen hat Liebermann mit der Darstellung der grausamen Tätigkeit des Gänserupfens ein Tabu in der Malerei gebrochen, die sich letztendlich doch dem schönen Schein verpflichtet fühlt.